Im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist stellen der Sissacher Rudolf Tschudin und der Solothurner Thomas Grogg gemeinsam aus.
Ein ganz spezielles Panoptikum eröffnet sich schon bei der Ankunft: eine figurative Silhouette wirft ihren Schatten an die weisse Aussenwand des Schlösschens. Grosse zerdellte Kissen würden zum Sitzen im Gras einladen, wären sie nicht eisern-rostig. In der Ausstellung dann erweisen sich die mannigfaltigen Objekte Rudolf Tschudins als anekdotische Einheit der Vielfalt: Frauenkörper, trotz aller Reduktion eindeutig, eine schwebende Wolke in feiner Struktur, grosse Köpfe aus einem kleinen fernöstlich-rituellen Steinkopf zu neuer Wertigkeit variiert, ursprüngliche Gebilde, reduzierte oder gefässartige Torsi, dekorative Riesenkakteen, originelle, irgendwie vertraute Figurationen, deren Wesen offen bleiben, frühzeitliche Stelen, farbige Blechfässer zu originellen Bildern verwandelt, leuchtende Geometrien und atavistische Momente.
Der Eisenplastiker aus Sissach ist ein einfallsreicher Erforscher skulpturaler Ideen und gestalterischer Möglichkeiten. Kreativ und fantasievoll reizt er über die Spannung der Materialität – Aluminium, Blech, Eisen, Zink, Eisendraht – deren Formbarkeit mittels spezifischer Techniken aus, vor allem mit Druckluft, Vakuum, Schweissen oder mit dem Hammer. Und dazu gehört auch die ungebrochene Freude am Experimentieren, am nicht steuerbaren, aber spannungsvollen Zufall im bewussten – teils auch situativen – Gestalten. Die Inspirationen findet er überall, im Material, in kleinen Dingen und grossen Momenten. Denn Rudolf Tschudin, der gelernte Schlosser mit dem Faible für das Skurrile im Alltäglichen, zeigt uns, was in den Dingen, in Sprachbildern, in Bilderwartungen und vorgefundenen Formen steckt, und lässt uns hinter dieser Vielgestaltigkeit Grundsätzliches entdecken.
In ganz andere Gefilde führen die Bilder von Thomas Grogg, die bereits im Schlösschen zu sehen waren: freie, assoziative Landschafts-Interpretationen, die allein aus Farbe und Form ihre horizontal verorteten, atmosphärisch wechselreichen Wirkungen entwickeln. Diese inneren und äusseren Spannungen in der Natur wie der Malerei macht Thomas Grogg greifbar, indem er die «klimatischen» Verhältnisse als taktiles Ereignis aus inneren Bildern heraus malt. Mit den Händen, mit Pinsel, Spachtel unmittelbar im Mit- und Gegeneinander der pastösen und lasierenden Öl- und Acrylfarben, mit Auftragen und Wegnehmen, dirigiert er in raffinierten Manipulationen die vielschichtigen Bildgeschehen, generiert Schründe einer vergänglichen Erde durch Gasofenhitze.
Er setzt auf die subtile Wirkung einer nuancierten Farbigkeit und auf zurückhaltende Akzente, die er in neuen Arbeiten bis zur informellen Geste reduziert. Unerschöpflich variiert Thomas Grogg, in Solothurn geboren, in Hinterkappelen lebend und malend, das Unberührte nordisch stimmender, oftmals spröder Landschaften: Weite, Himmel, Erde, Meer, dräuende Winde, Gebirgiges, brüchige Küsten, düstere Moore, herbe Highlands, im Nebel verhangene Landschaften, sich auftürmende Schneewehen, markante Eiswüsten.
Rätselhaft und suggestiv in den vielgestaltig choreografierten Topografien, in den dramaturgisch gesetzten Horizonten beschreiben seine Bilder fliessende Stimmungsübergänge. Geht es ihm doch um die Stimmungsvermittlung, um das landschaftliche Erleben mit der Malerei zur reinen Atmosphäre auszureizen, den Blick auf das Wesentliche einer gesamthaften Natur zu lenken. Ob er sich nun einer Wirklichkeit nähert oder sich dieser entzieht.
Ausstellung bis am 22. März.
Öffnungszeiten: Mi/Do, 16–19 Uhr, Sa/So, 14–17 Uhr.
Jazz-Matinée, Sonntag, 8. März, 11 Uhr.