Real-Time-PCR (qPCR)-Thermocycler im Überblick
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(12.12.2022) In großen stationären qPCR-Thermocyclern wird zumeist noch mit schweren Silberblöcken geheizt und gekühlt. Wesentlich vielseitiger und ideenreicher sind die Wärmequellen in kleinen tragbaren Instrumenten für die Diagnostik.
Als Russell Higuchi und seine Kollegen von Roche Molecular Systems vor ziemlich genau dreißig Jahren in ihrem Labor in Kalifornien die erste Real-Time-qPCR etablierten, gab es noch keine speziellen qPCR-Thermocycler. Die Gruppe verwendete für die Versuche ein damals gängiges Thermocycler-Modell, das für die Endpunkt-PCR vorgesehen war. Über dem Heizblock des Cyclers platzierte das Team eine Video-Kamera, die die Zunahme des mit dem interkalierenden Farbstoff Ethidiumbromid (EtBr) markierten PCR-Produkts in Echtzeit aufzeichnete. EtBr ersetzten die Methoden-Entwickler in der Folgezeit rasch durch andere Fluoreszenz-Farbstoffe, wie zum Beispiel SYBR Green, oder sie verwendeten fluoreszierende Proben. Und statt einer Video-Kamera bauten die Hersteller der ersten kommerziellen qPCR-Thermocycler Fluoreszenz-Detektoren in die Instrumente ein.
In modernen Geräten bringen meist einzelne über dem Heizblock angeordnete LEDs oder LED-Arrays die Fluorophore in den qPCR-Ansätzen zum fluoreszieren. Ein System aus Filtern und Spiegeln oder häufig auch Lichtleitern lenkt die Lichtsignale zu Photodioden, Photoelektronenvervielfachern (PMTs) oder ladungsgekoppelten Geräten (CCDs), die sie in elektrische Signale oder im Fall der CCDs in ein Bild umwandeln. Eine entsprechende Software wertet diese schließlich aus.
An diesem klassischen Aufbau hat sich in konventionellen qPCR-Maschinen in den vergangenen dreißig Jahren nur wenig verändert. Das gilt auch für die cyclische Heizung und Kühlung der qPCR-Reaktionen mit Peltier-gesteuerten Silberblöcken. Die Entwicklungs-Ingenieure feilten zwar akribisch an der Optimierung der Thermoblöcke, indem sie diese mit Gold überzogen oder horizontal aufbohrten, um auch noch das letzte Quäntchen an besserer Wärmeübertragung aus ihnen herauszuholen und Temperatur-Unterschiede innerhalb der Blöcke so weit als möglich zu eliminieren. Am Grundprinzip der Blockcycler und ihrer physikalischen Grenzen ändern diese technischen Tricks jedoch nichts.
Auch bei den parallel entwickelten Rotor-Cyclern, die mit Heißluft oder magnetischer Induktion heizen, ist das Optimierungspotenzial inzwischen ziemlich ausgereizt – oder sie wurden wie im Fall von Roches LightCycler 2.0 ganz vom Markt genommen und durch ein Blockcycler-Modell ersetzt.
Neue Konzepte und Ideen für qPCR-Thermocycler kommen derzeit überwiegend von akademischen Gruppen oder kleinen Start-ups. Peltier-gesteuerte Silberblöcke spielen bei diesen aber zumeist keine Rolle mehr oder die Blöcke wurden bis zur Unkenntlichkeit modifiziert. Ein Beispiel für Letzteres ist der pyramidenförmige qPCR-Cycler des Schweizer Start-ups Diaxxo, den sich Diaxxos Geschäftsführer Michele Gregorini zusammen mit seinem Technischen Direktor Philippe Bechtold während der Doktorarbeit in Wendelin Starks Gruppe an der ETH Zürich ausdachte (siehe hierzu auch Laborjournal -online: „Mit Pyramiden-PCR auf Rekordjagd”, 3. Februar 2022, Link).
Das Team verschlankte den Thermoblock so weit, bis von ihm nur noch ein hauchdünnes Aluminium-Blech mit einer Stärke von einem halben Millimeter übrig blieb. In dieses bohrten die drei winzige Vertiefungen, die als Reaktionsgefäße für die qPCR dienen. Die Blech-Kartusche platzierten die Züricher direkt auf einem Peltier-Element, das von einem bei Elektronik-Bastlern beliebten Raspberry-Pi-Mikrocomputer gesteuert wird.
Dass ein Peltier-Element das Aluminium-Blech wesentlich schneller erwärmt als einen klobigen Silberblock und die Wärme von diesem schneller an den qPCR-Ansatz übertragen wird als bei einem üblichen PCR-Tube aus Plastik, leuchtet auch ohne genaue physikalische Berechnung ein. Und so fix wie sich das Alu-Blech aufheizt, gibt es die Wärme auch wieder an seine Umgebung ab – ganz ohne aktive Kühlung durch ein Peltier-Element wie bei einem konventionellen Thermoblock.
Ohne klassischen Thermoblock kommt auch der tragbare Viren-Detektor Octea des Martinsrieder Start-ups GNA Biosolutions aus, der nichts anderes ist als ein kleiner portabler qPCR-Cycler. Im Octea Analyzer sind zwei dünne Heizplatten mit einer konstanten Temperatur von 65 Grad Celsius ober- und unterhalb eines streifenförmigen Glas-Chips mit acht zylindrischen PCR-Reaktionskammern angeordnet. Im ursprünglichen Prototyp von GNA Biosolutions verlaufen 75 Gold-beschichtete Wolframdrähte auf dem Boden der Kammern entlang. Einer der beiden qPCR-Primer ist mit einer Thiol-Gruppe auf der Goldoberfläche der Drähte immobilisiert, der andere kann sich frei in dem qPCR-Ansatz aus Puffer, Template und Polymerase bewegen. Fließt ein Strom durch die Drähte, erhitzen diese blitzschnell ihre unmittelbare Umgebung und schmelzen hier die Template-DNA auf. Der freie Primer bindet an die DNA und wird anschließend bei 65 Grad Celsius verlängert. Im kommerziellen Octea Analyzer ersetzten die Bayern die Wolframdrähte schließlich durch eine leitfähige Folie und fixierten einen der beiden Primer mit magnetischen Beads an deren Oberfläche.
Auf einem digitalen Mikrofluidik-Chip bewegen elektrische Felder Tropfen an gewünschte Positionen. Teilt man den Chip in entsprechende Temperaturzonen auf, erhält man einen qPCR-Thermocycler. Foto: Jimmy Day/MIT
Äußerst raffiniert ist auch die qPCR-Technologie der 2014 gegründeten US-Firma Baebies. Diese entwickelt kleine Test-Geräte für Babys, mit denen zum Beispiel Lysosomale Speicherkrankheiten bei Neugeborenen diagnostiziert werden können. Baebies verwendet für die Assays Scheckkarten-förmige Chips, auf denen kleine Flüssigkeitstropfen wie von Geisterhand mithilfe der digitalen Mikrofluidik transportiert, gemischt, aufgeteilt oder dispensiert werden. Die Tropfen bewegen sich auf einem Netzwerk aus vielen einzelnen Elektroden, die jeweils individuell an eine Steuerelektronik angeschlossen sind. Fließt ein Strom durch eine der Elektroden, erzeugt sie ein kleines elektrisches Feld in ihrer Umgebung. Befindet sich ein Tropfen auf der Elektrode, verändert das elektrische Feld die Oberflächenspannung und damit auch die Wechselwirkung des Tropfens mit der hydrophoben Elektroden-Oberfläche.
Diese sogenannte Elektrobenetzung (Electrowetting) nutzt die von dem Pionier der digitalen Mikrofluidik Vamsee Pamula von der Duke University in Durham, USA, mitgegründete Firma für den Transport von Tropfen aus. Sollen sie sich zum Beispiel entlang eines Oberflächenspannungs-Gradienten bewegen, schaltet die Steuerelektronik benachbarte Elektroden auf der geplanten Strecke nacheinander an und wieder aus, bis die Tropfen ihr Ziel erreicht haben.
Um die Technik an die qPCR zu adaptieren, musste Pamulas Team lediglich zwei Temperaturzonen sowie entsprechende Sensoren in die Mikrofluidik-Chips integrieren, in denen die Tropfen auf 95 Grad Celsius beziehungsweise 60 Grad Celsius erwärmt werden. Die Steuerelektronik verschiebt die Tropfen zwischen den Zonen hin und her und regelt auch die automatische Probenvorbereitung – etwa bei einem von Baebies entwickelten Chip für die Detektion von SARS-CoV-2.
Ganz ohne externe Wärmezufuhr funktioniert ein Plasmonen-qPCR-Thermocycler, den Samuel Sias Team an der Columbia University in New York konstruierte (Nat. Nanotechnol. 17: 984-92). Die Gruppe nutzt in diesem einen speziellen Effekt metallischer Nanopartikel. Fällt Licht auf die Partikel, wechselwirkt das elektromagnetische Feld des Lichts mit den Elektronen im Leitungsband des Metalls, die hierdurch mit der Frequenz des Feldes oszillieren. Schwingen diese sogenannten Plasmonen in Resonanz mit den Lichtwellen, wird das Licht sehr stark absorbiert, wodurch sich die Nanopartikel rasch erwärmen.
An der Plasmonen-PCR haben sich schon etliche Gruppen versucht, bisher gelang es ihnen aber nicht, die Technik in einen qPCR-Cycler zu integrieren – meist überlagerten sich in diesen die Wellenlängen für die thermische Anregung der Plasmonen und die Fluoreszenz-Detektion zu sehr. Sias Mannschaft umgeht dieses Problem, indem sie die Plasmonen der Nanopartikel mit infrarotem Licht anregt, die Fluorophore für die Detektion hingegen mit sichtbarem Licht.
Entsprechend einfach ist der Plasmonen-qPCR-Cycler aufgebaut: Das qPCR-Tube mit dem Reaktionsansatz und den zusätzlichen Goldnanopartikeln ist in dem Gerät von drei symmetrisch angeordneten Infrarot-LEDs umgeben, die die Nanopartikel aufheizen. Ein kleiner Ventilator kühlt den PCR-Ansatz während der Zyklen wieder ab. Das gerade mal 1.000 Euro teure optische Detektions-System besteht aus einem Blaulicht-Laser, dessen Strahl auf das PCR-Tube gerichtet ist, sowie einem Spektrophotometer, das die aus dem Tube ausgesendeten Fluoreszenz-Signale einfängt. Die New Yorker konnten mit ihrem für die Point-of-Care-Diagnostik konzipierten Prototyp drei Fluoreszenz-Farbstoffe parallel detektieren und wiesen mit ihm SARS-CoV-2 mit hundertprozentiger Spezifität sowie Sensitivität nach.
Klassische Thermoblöcke findet man in mobilen qPCR-Cyclern für die Vorort-Diagnostik hingegen immer seltener. Wie lange sie sich noch in großen stationären qPCR-Thermocyclern behaupten können, ist schwer abzuschätzen. Die Alternativen zu Peltier-beheizten Silberblöcken werden aber auch hier immer interessanter.
(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 12/2022, Stand: November 2022, alle Angaben ohne Gewähr)