Morgan Plus 8: Sportwagen mit BMW-Motor in Oldtimer-Optik - DER SPIEGEL

2023-03-08 17:07:35 By : Ms. Ellen Chen

Morgan Plus 8: Das Warten hat ein Ende

Das Leiden der Morgan-Fans dauerte acht Jahre. Seit 2004 mussten sie auf den Plus 8 verzichten - die Abgasvorschriften hatten dem Rover-Achtzylinder den Garaus gemacht. Aber der alten Technik sollte keine Träne nachgeweint werden: Im neuen Morgan Plus 8 trifft ein 270 kW (367 PS) starker und bissig hochdrehender BMW-V8 auf 1100 Kilogramm Metall, Holz und Leder.

Als serienmäßige Dreingabe arbeiten ein Antiblockiersystem und eine kaum merkliche Servolenkung für den Fahrer. Das Ergebnis ist kein knorriger Roadster, der über Fahrbahnwellen hoppelt, sondern ein ernstzunehmender und moderner Sportwagen, der sich feinnervig und präzise durch jede Kurve lenken lässt.

Grundlage des gelungenen Fahrwerks ist eine sehr verwindungssteife Karosserie, die sich aus einem Aluminiumrahmen, den bewährten Eschenholz-Elementen und der Außenhaut aus Aluminiumblech aufbaut. Kurz gesagt: Der glücklose und immer schielende Morgan Aero hat sein Rückgrat und die Organe gespendet. Die Optik dagegen ist klassisch Plus 8, nur breiter. Und die Mischung aus traditioneller Vorkriegsoptik und aktueller Technik ist eben schon lange das Erfolgsrezept für die jährlich rund 600 handgefertigten Morgans.

Gestartet wird der Achtzylinder über einen Knopf im Armaturenbrett. Der handgeschaltete Testwagen - ja, für Frevler gibt es sogar ein Automatikgetriebe - lässt sich spielerisch durch den Stadtverkehr bewegen. 60 km/h im sechsten Gang sind kein Problem, der Motor hängt sauber am Gas und blubbert leise vor sich hin. So ist der Plus 8 ein Gentleman-Roadster, ein überraschend komfortables Luxuscabriolet mit Gelassenheitsgarantie.

Ein leichter Tritt aufs Gaspedal reicht aus, um alle anderen im Rückspiegel klein werden zu lassen. Dabei ist es fast egal, ob der dritte oder sechste Gang eingelegt ist, der Motor schöpft aus dem Vollen in Form von 490 Newtonmetern Drehmoment oder, diesen Seitenhieb gegen das metrische System lassen sich die Briten nicht nehmen, 370 lb/ft. Nur zu klein sollte der Gang nicht sein und die Drehzahl nicht zu hoch.

Dann nämlich springt der Morgan Plus 8 nach vorne. Die Werksangabe von 4,5 Sekunden für den Standardspurt ist ein unvollkommenes Maß für die erlebte Beschleunigung. Morgan bringt es selbst auf den Punkt: 315 PS pro Tonne (Porsche 991: 251 PS/t) sind eine Ansage. Die Kraft des Saugmotors von BMW steigt linear an, und zwar von sehr stark bei wenig Touren bis brutal, wenn die Drehzahlnadel über 4000 Umdrehungen anzeigt.

Nie zu laut, aber immer präsent

Dann ist es auch vorbei mit der zurückhaltenden Tonart des V8-Motors. Er bleibt vibrationsarm und klingt aggressiv, ohne in das hämmernde Stakkato eines US-V8 zu verfallen. Dabei ist das Geräusch immer angenehm präsent und nie nervtötend laut.

Umsicht ist bei schneller Fahrt dringend erforderlich, weil es leider keine Antriebsschlupfregelung oder gar ein ESP gibt. Selbst auf trockener Straße suchen die Reifen immer wieder vergeblich nach Grip. Leichte Drifts sind zwar gut kontrollierbar, wenn sie bewusst provoziert werden. Trotzdem wäre eine elektronische Traktionshilfe für den Alltag sinnvoll.

Nach kurzen, politisch nicht korrekten Zwischenspurts verfällt man ohnehin zurück in den Gentleman-Modus. Souveränes Gleiten macht mehr Freude als wildes Scheuchen. Auf das Ausloten der Höchstgeschwindigkeit von knapp 250 km/h verzichtet man hinter der steilen Frontscheibe mit den drei kleinen Wischerblättern freiwillig.

Auffällig ist, dass sich Passanten vom 108.000 Euro teuren Morgan Plus 8 nicht provoziert fühlen. Während man in deutschen oder italienischen Sportwagen gelegentlich und unaufgefordert einen Stinkefinger erntet, bekommt man im Morgan den hochgereckten Daumen und ein Lächeln. Oldtimer sind eben beliebt. Auch wenn der hier nur wie einer aussieht.

Morgan Plus 8: Alte Optik trifft moderne Technik. In diesem Fall ist es eine Karosserie wie aus den dreißiger Jahren und dazu ein Aluminiumrahmen plus ein V8-Motor von BMW.

Moderner Sportwagen: 367 PS Leistung treffen auf 1100 Kilogramm Gewicht. Das ergibt eine durchaus explosive Mischung, jedenfalls was das Beschleunigungsvermögen betrifft.

Schick und schlicht: Der Innenraum des Morgan Plus 8 beschränkt sich auf das Nötigste. Das gilt für die Funktionen ebenso wie für das Design.

Eigenwilliger Aufbau: Der sehr verwindungssteife Aluminiumrahmen trägt ein Gerippe aus Eschenholz und das wiederum die Außenhaut aus Alublechen.

Zugabe von BMW: Der V8-Saugmotor stammt von den weiß-blauen Autobauern und er entwickelt ein maximales Drehmoment von 490 Nm - genug für sportwagengleichen Vortrieb.

Die sauberen Drei: Gleich drei kleine Scheibenwischer sorgen dafür, dass die steil stehende und flache Frontscheibe bei Regen möglichst schlierenfrei bleibt.

Schräger Abschluss: Der Morgan Plus 8 imitiert die Proportionen klassischer Vorkriegsroadster. Gerade das macht ihn offenbar grundsätzlich symphatisch, wie die Beifallskundgebungen von Passanten zeigen.

Achtung, Kraftmeier: Der Wagen will mit Bedacht bewegt werden. Denn es gibt weder eine Antriebsschlupfregelung noch ein ESP. Ein gefühlvoller Gasfuß ist unbedingt notwendig.

Lichtpunkte: Rücklichter, Blinkleuchten und Rückstrahler verzieren das ansonsten schmucklose Heck des Roadsters, der insgesamt wirkt, als sei er aus der Zeit gefallen.

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