Von den rund 28.000 deutschen Onshore-Windenergieanlagen fallen Ende 2020 erstmals Anlagen aus der 20-jährigen Förderung gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Folglich ist voraussichtlich ab 2021 mit einem verstärkten Rückbau zu rechnen.
Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob die Anlage nach erfolgtem Rückbau als Ganzes beispielsweise in einem Zweitmarkt weiter genutzt, einzelne Komponenten wie Rotorblatt, Getriebe oder Generator wieder eingesetzt oder die Anlage entsorgt werden soll. Nach Vorbereitungsarbeiten wie der Trockenlegung, Demontage von Rotorblatt, Nabe und Gondel, Rückbau von Beton-, Stahlrohr-, Hybrid- oder Gittermastturm und Demontage des Fundaments steht eine Reihe von Materialien zum Recycling an.
Der Abbruchbeton aus Fundament und Turm wird üblicherweise in Bauschutt-Aufbereitungsanlagen zerkleinert und zu Gesteinskörnungen verarbeitet. Baustahl aus Stahlrohrtürmen lässt sich durch schmelzmetallurgische Verfahrenstechnik recyceln. Aluminium liegt zumeist als Aluminiumlegierung vor, das aus rund 99,5 Prozent Aluminium besteht und weitere Elemente wie Mangan, Magnesium, Kupfer, Silicium und Zink enthält. Sortenreine Legierungsabfälle können ohne Qualitätsverlust recycelt werden; bei einer nicht sortenreinen Erfassung sind Umschmelz-Prozesse erforderlich.
Anfallendes Kupfer aus Schaltreglern, Generatoren, Kabeln, Drähten oder Kontakten weist zumeist Reinqualität auf. Sollten aufgrund vorhandener Verunreinigungen mechanische Vorkonditionierungs-Maßnahmen erforderlich sein, wird dieses Material als Buntmetall-Vorkonzentrat bereitgestellt. Erwähnenswert sind Neodym und Dysprosium, die in den Permanentmagneten von Windkraftanlagen – in vergleichsweise großer Menge – vorkommen und deren Recycling sich als wirtschaftlich erweisen könnte.
Die Kunststoffe der glasfaserverstärkten Verbundwerkstoffe (GFK) aus Rotor oder Gondel können in industriellem Maßstab durch Pyrolyse rückgewonnen werden; die dabei entstehenden Pyrolysegase dienen der Energiegewinnung. Eine Nutzung der Glasfasern ist derzeit noch unrentabel. Bei der reinen energetischen Verwertung des Materials in einer Müllverbrennungsanlage bleiben bis zu 60 Prozent als zu deponierende Asche zurück. Bei der Verwertung in der Zementindustrie werden die organischen Komponenten des aufbereiteten glasfaserverstärkten Kunststoffs als Ersatzbrennstoff eingesetzt, die mineralischen Komponenten als Zementmasse – die aktuell beste und gängigste Recyclingoption. Auch für carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK), die aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften zunehmend in Rotorblättern Verwendung finden, stellt die Pyrolyse die beste Verwertungsmöglichkeit dar, die jedoch derzeit noch nicht etabliert ist und als Downcycling gilt. Als weitere Verfahren stehen die werkstoffliche Umformung der eingebetteten Carbonfasern mittels Hochtemperaturbehandlung oder der Aufbruch der Polymermatrix-Bindungen durch chemisches Recycling zur Verfügung; die beiden letzteren Verfahren sind jedoch noch nicht wirtschaftlich. Für die energetische Verwertung von Carbonfasern in Müllverbrennungsanlagen gilt das gleiche wie für glasfaserverstärkte Verbundwerkstoffe.
Eine besondere Materialvielfalt bieten die in Windkraftanlagen verbauten Transformatoren. Neben dem Gehäuse aus Aluminium, verzinktem Blech oder Edelstahl enthalten sie Kupfer- und Aluminium-Wicklungen und gewalzte Trafobleche meist aus Eisen-Silizium-Legierung. Hinzu kommt Transformatorenöl – ein hochraffiniertes Mineralöl oder dünnflüssiges Silikonöl – das als gefährlicher Abfall gilt, sich aber in Raffinerien stofflich verwerten und zu Basisölen aufarbeiten lässt. Andere Altöle, Getriebeöle, Hydraulikflüssigkeiten, Fette und Schmiermittel bleiben bei der Trockenlegung der Anlage übrig und müssen einer Verwertung zugeführt werden.
Eine Prognose für den Zeitraum 2018 bis 2040 schätzt, mit welchen Materialmengen bei unterschiedlichen Anlagen- und Turmtypen zu rechnen sein könnte. So fallen bei Windenergieanlagen mit Getriebe 8,1 bis 39,7 Tonnen Verbundwerkstoffe (ohne carbonfaserverstärkte Kunststoffe) an, 26,2 bis 127,0 Tonnen Stahl, 0,9 bis 4,1 Tonnen Kupfer, 0,1 bis 0,4 Tonnen Aluminium, 4,0 bis 14,3 Tonnen Elektroschrott sowie 340 bis 1.080 Liter Betriebsflüssigkeiten an. Bei Anlagen ohne Getriebe, die magnetisch erregt werden, sind es entsprechend 20,6 bis 76,8 Tonnen Verbundwerkstoffe (ohne carbonfaserverstärkte Kunststoffe), 66,2 bis 237,7 Tonnen Stahl, 0,2 bis 5,3 Tonnen Kupfer, 0,2 bis 5,3 Tonnen Aluminium, 7,5 bis 17,7 Tonnen Elektroschrott sowie 375 bis 1.050 Liter Betriebsflüssigkeiten.
Die Kosten der Entsorgung bei heutigen Windkraftanlagen-Modellen bewegen sich – einer Befragung durch das Umweltbundesamt zufolge – zwischen 16.000 Euro für eine 0,6 Megawatt-Anlage und 120.000 bis 180.000 Euro für eine 3 Megawatt-Anlage. Für die aktuell betriebenen Typen werden 60.000 bis 70.000 Euro veranschlagt. Beim Rückbau kommen differierende Preise je nach Turmkonzept und Nabenhöhe der Anlage hinzu, die sich in den Kosten für den Demontagekran niederschlagen, die bei einer Nabenhöhe von 140 Metern auf bis zu 90.000 Euro anwachsen können. Als weitere Faktoren kommen Gewichte, Volumina sowie Zusammensetzung der einzelnen Komponenten und die Zahl der rückzubauenden Anlagen hinzu.
Die resultierenden Kosten für eine Demontage wurden von den befragten Akteuren oftmals gegen zukünftige Erlöse durch eine neue, größere Anlage gegengerechnet, wodurch die Rückbaukosten teilweise zu optimistisch eingeschätzt wurden. Jedoch liegen auch einzelne Berichte vor, wonach deutlich überzogene Bürgschaften in Höhe von 300.000 Euro pro Anlage im Raum standen. Die UBA-Studie kommt daher zu der Erkenntnis: „Die Abschätzung von tatsächlichen Rückbaukosten (speziell für noch junge Projekte) ist auch bei größtmöglicher Sorgfalt mit hohen Unsicherheiten behaftet.“ Darüber hinaus dürften auch die Rückstellungsleistungen, die im Rahmen der Anlagengenehmigung für die Demontage erbracht werden, voraussichtlich nicht die vollen Kosten des Rückbaus und Recyclings decken.
Weitere Details sind dem Abschlussbericht des Umweltbundesamts zu „Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen“ zu entnehmen.