Komfort, Stil und Luxus: Das Swissair-Design steht für ein Lebensgefühl – noch heute. Sechs Beispiele.
Von allen Schriftzügen und Logos der Swissair ist dieses wohl das prägnanteste: ein Flugzeug im Piktogramm-Stil. Oder besser: Ein horizontaler Pfeil mit stilisierten Flügeln und dem «Swissair»-Schriftzug in Groteskschrift.
Erfunden hat es Rudolf Bircher. Der Zürcher Grafiker gewann mit seinem Entwurf 1951 den ersten Preis in einem Wettbewerb zur Gestaltung eines neuen Signets für die aufstrebende Fluggesellschaft.
«Luftfahrt bedeutet die schnellste Verbindung zwischen zwei Punkten», schreibt Rudolf Bircher zu seinem Signet. Luftverkehrsverbindungen seien horizontal: «Das Signet darf weder senkrecht nach oben noch nach unten gezeichnet werden, nicht statisch, sondern dynamisch. Als ob es gerade fliegen würde.»
Fans, Mitarbeiterinnen und Experten erklären, warum die Swissair bis heute fasziniert
Das Signet blieb fast unverändert bis 1981, als die Swissair zu ihrem 50. Geburtstag ihr Logo auffrischte. Jetzt verpasste der Basler Grafiker Karl Gerstner einer zinnoberroten schrägen Fläche schlicht und simpel das, was die meisten hierzulande mit der Airline verbanden: ein Schweizerkreuz.
Als ob die Schweizer Fahne im Flugwind des Flugzeugs mitfliegen würde. Das Signet blieb bis zum Grounding der Swissair an Bord.
Die Swissair war identitätsstiftend für die Schweiz der 1950er-Jahre. Das ist auch René Hubert zu verdanken, einem Ostschweizer Kostümbildner, der in Hollywood erfolgreich war. Er hat der Swissair erstmals einen unverwechselbaren Look verpasst.
«Ein Gerücht besagt, dass es einen kulturaffinen Piloten gegeben habe, der für die Swissair viel zwischen den USA und Europa hin- und hergeflogen sei», sagt der Film- und Designhistoriker Andres Janser vom Museum für Gestaltung Zürich. «Als man bei der Swissair jemanden suchte, um die Uniformen von ihrem militärischen Look zu befreien, habe dieser Pilot René Hubert empfohlen.»
In der Folge machte die Swissair Hubert zu ihrem Hausdesigner. Er entwarf auch das Interieur des Passagierflugzeuges DC-8. Leiten liess er sich von «Schweizrot», «Wolkenweiss» und «Himmelblau». Den Blauton kannte man schnell international als Swissair-Blue, so Janser: «Das Swissair-Blue war Teil der Markenidentität der Swissair ab 1950.»
Die Kostüme der Swissair-Hostessen schnitt die Hollywoodgrösse Hubert auf den Körper zu. Es war ein Deuxpièce aus leichtem Stoff mit einem stark taillierten Oberteil.
Ab da gingen die Kostüme der Flight-Attendants mit der Mode. In den 1960er-Jahren wurden die Jupes kürzer, in den 1970er-Jahren löste der Wickeljupe den Minirock ab und brachte die ersehnte Bewegungsfreiheit.
Teile der Kostüme, die ab 1978 getragen wurden, hat das Modelabel Akris aus St. Gallen gemacht. Die letzte Swissair-Uniform entwarf der deutsche Industriedesigner Luigi Colani 1990.
Der heute ikonische Swissair-Trolley begann seine Karriere wie eine eierlegende Wollmilchsau: Leicht sollte er sein, gleichzeitig robust. Er sollte die Wärme des Bordessens bewahren, zugleich sollte er dem Druck der Be- und Entschleunigung bei Start und Landung eines Flugzeugs standhalten. Er sollte Servierwagen sein, Abfallbehälter und Auslage für Duty-Free-Artikel.
Der Spenglermeister Heinrich Bucher hatte bereits etliche Jahre Erfahrung im Flugzeugbau, als er 1953 bei der Swissair mit einer neuen Aufgabe betraut wurde: die Wartung der Bordküchen, Galleys genannt. Küchen in Flugzeugen erforderten auch damals viel Flexibilität auf engem Raum.
Beim Herumtüftelt fand Bucher das Baumaterial, das den Flugzeugküchenbau der Swissair und anderer Airlines revolutionieren sollte: Aluminiumblech. Solche Küchen hatte bis dato niemand gebaut.
Als wesentlichen Bestandteil der Küche erschuf Heinrich Bucher 1973 und 1974 den Trolley – modular einsetzbar und multifunktional. Ein paar wenige Handgriffe genügen und schon wird aus dem Küchenelement der rollende Servierwagen. Das Material: gefräste Aluminiumplatten.
«Neu war seine Konstruktion in Schalenbauweise mit stabilisierenden Strukturen», so Renate Menzi, Kuratorin der Designsammlung des Museum für Gestaltung Zürich. «Diese minimieren das Gewicht bei hoher Stabilität.»
Noch immer wird der Trolley hergestellt. Statt in der Troposphäre verbreitet er das Swissair-Feeling nun in den Atmosphären von Wohn- und Badezimmern.
Essen, um die mitfliegende Angst im Bauch zu vergessen: Nach diesem Prinzip funktioniert die Nahrungsaufnahme an Bord eines jeden Flugzeugs. Bei der Swissair war dies in der Business Class und First Class mit edlem Langenthaler Porzellan möglich.
1993 entwarf die Designerin Christine Lüdecke ein Gedeck: Es besteht aus einem dunkelgrauen Tablett, auf dem die Teller wellenförmig angeordnet sind. Die Tassen sind kugelrund und haben keine Henkel. Das Besteck nimmt die Wellenform mit gebogenen Griffen auf.
«Die Tassen erinnern an Reisschalen», schreibt Designerin Karin Kammerlander in der Zeitschrift Hochparterre 1993. Industriedesigner Jürg Brühlmann sieht im Design der Tasse ein Versprechen: «Die Exotik macht das Reisen bekanntlich zum Erlebnis», konstatiert er.
Der Form wenig abgewinnen konnte Möbeldesigner Karl Odermatt: Ihm missfielen die Unordnung und die nicht definierten Standplätze für die Utensilien. Vielleicht kann Design auch dies: Ablenken von der Flugangst, indem es begeistert oder ärgerlich stimmt.
Wer braucht schon etwas so Profanes wie Papier? Wenn es wirklich edel sein soll, wird das Menu gleich auf die Stoffserviette gedruckt. Diese hübsche Idee hatte die Swissair in den 1960er-Jahren. Zum Petit Déjeuner gab es Fruchtsaft und Omelette mit Lammgeschnetzeltem. Im edlen «Repas Jet» servierte die Flugbegleitung nach dem Aperitif mit Champagne Mumm Brut Cordon Rouge eine «Plat de Viande Chaude».
Das Menu ist stilvoll designt und reich illustriert. Da fläzt unten rechts von der Speisekarte ein Urlauber in der Hängematte, während oben links ein Tourist in London einem Soldaten der Queen's Guard begegnet.
Ob die Illustrationen von den in Basel ansässigen Rosemarie und Cioma Schönhaus stammen? Sie haben zumindest zur gleichen Zeit allerlei Souvenir-Taschentücher für die Swissair gestaltet. Klar ist: Produziert wurden die edlen Menu-Servietten in der ehemaligen Zürcher Textilfabrik Mavir AG. Handfeste Speiseträume in luftiger Höhe und verspieltes Ferienfeeling fürs kulinarische Reiseerlebnis. Erstklassig!
Was liegt näher, als eine Airline mit Flugaufnahmen zu bewerben? Diese Idee setzten die Grafiker Emil Schulthess und Hans Frei 1971 um. Fischerboote im Halbrund aus Hong Kong, Felder und Wege aus Kalifornien, die an eine Giraffenhaut erinnern. Oder den Engadiner Skimarathon als Werbung für die Schweiz. Optik, die Reiselust wecken soll.
Was die Aufnahmen verbindet: Sie stammen vom Fotografen Georg Gerster. Und von Weitem sehen sie alle aus wie Muster, erst bei näherer Betrachtung offenbart sich die Exotik der jeweiligen Landschaft, der jeweiligen Reisedestination. Die erst auf 18 Plakate limitierte Serie war so erfolgreich, dass weitere folgten.
Ein Film zeigt, wie es zum Ende der Swissair kam
Interessant ist dabei, dass die Fotografien manches Klischee untergraben: «Japan, in der Tourismuswerbung sonst eher mit Kimonos und Kirschblüten lockend, durfte durchaus mit dem Flugbild eines Grosstankers im Baudock evoziert werden», schrieb Fotograf Georg Gerster zum Projekt.
Heute werden die Plakate auf Auktionsseiten zu teils bedeutenden Summen gehandelt. Die Swissair selbst ist zwar seit 2001 für immer gegroundet – doch zumindest die Preise ihrer Devotionalien heben ab und zu immer noch ab und erreichen beachtliche Höhen.
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